Wie Holzkohle Giraffen retten kann
Neuer Bad Homburger Verein verfolgt in Namibia ganzheitliches Konzept zum Umweltschutz
VON HARALD KONOPATZKI
Bad Homburg – Namibia gehört zu zehn größten Holzkohle-Exporteuren. Rund 200000 Tonnen des Rohstoffs produzierte das südwestafrikanische Land im Jahr 2020, der größte Teil wird ins Ausland verkauft – und einigeTonnen landen im Sommer auch auf deutschen Grills. Namibia? Das assoziiert man meist mit Wüste und Savanne – und nicht mit großen Holzvorkommen. Doch es wird noch ungewöhnlicher. „Die Gewinnspanne für die Produzenten in dem Land ist gering, die Leute sind froh, wenn sie die Holzkohle loswerden“, erzählen Maximilian Henrichs und Hagen Glotzbach. Die beiden haben einen Verein gegründet, die „Namibian Wildlife Foundation“, der seinen Sitz in Kirdorf hat, wo Henrichs, vielen als Malermeister bekannt, wohnt.
Dabei ist es kein Zufall, dass der Verein einen Giraffen- Kopf als Logo hat. Denn der Schwerpunkt liegt auf dem Schutz der bedrohten Großsäuger. Der soll möglichst nachhaltig sein, und da kommt dann irgendwann auch die Holzkohle ins Spiel. „Wir wollten etwas tun“, sagt Glotzbach, der bis vor kurzem bei der Hilfsorganisation „Back to life“ gearbeitet hat und dessen Schwester mit einem Deutsch-Namibier verheiratet ist, was den beiden Land und Leute näher gebracht hat. „Natürlich kann man Patenschaften für Giraffen anbieten, aber damit hilft man nur den 50, 60 Tieren. Wir wollten etwas, das wachsen kann, das der Art nachhaltig hilft.“ Glotzbach hatte sich dem Thema bereits in seiner Bachelor-Arbeit gewidmet, jetzt will er es mit Henrichs in der Praxis umsetzen.
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Ein Projekt mit vielen Säulen
Es gebe in Namibia noch kein einziges Projekt, das sich explizit den Giraffen verschrieben habe, keine staatlichen Programme. Bei den beiden reifte die Idee, den Giraffen Lebensraum zurückzugeben. „Namibia eignet sich, weil es ein großes, dünn besiedeltes und politisch stabiles Land ist“, erklären die beiden. Die Idee: Flächen finden, die sich für die Giraffen eignen, und diese kaufen oder pachten. Dann werden Wildtiere aus Herden genommen, die zu groß geworden oder zu nah an den Farmen unterwegs sind. So hatten die Männer aus Deutschland selbst erlebt, wie ein Farmer eine Giraffe abschoss, weil die Population in der Nähe der Farm zu groß geworden war. Dieses Erlebnis habe etwas in ihnen ausgelöst. Die Umsiedlung ist ein aufwendiges Unterfangen, für das ein Helikopter und ein Transporter angemietet werden muss; außerdem braucht es Tiermediziner und zahlreiche Helfer. „Giraffen haben kein Territorialverhalten, sie gewöhnen sich schnell an den Ortswechsel“, beruhigt Henrichs. Wichtig ist, dass es Nahrung und Wasser gibt. Fünf Tiere haben sie im vergangenen Jahr bereits umgesiedelt. Im Laufe der Zeit sollen so neue Refugien für Giraffen entstehen. „Dabei reden wir jeweils über Gebiete ohne Zaun, die 50 bis 80 Quadratkilometer groß sind“, führt Henrichs aus.
Verbuschung bedroht Savanne
Ein Problem dabei ist: „Giraffen brauchen die hohen Solitärbäume“, viele Flächen seien jedoch verbuscht und stünden den ursprünglich dort heimischen Savannenbewohnern nicht mehr zur Verfügung. Laut Hansestadt Hamburg nimmt die Verbuschung allein in Namibia pro Jahr um eine Fläche zu, die fast der des Landes Schleswig-Holstein entspricht. Und hier kommt dann auch die Holzkohle ins Spiel. Denn die Verbuschung bedroht Savanne und Farmland gleichermaßen. Farmer kämpfen gegen die Büsche und verkohlen sie. „Anstatt die Holzkohle zu exportieren, kann sie jedoch direkt an Ort und Stelle Gutes tun, indem man sie in den Boden einbringt“, erläutern Glotzbach und Henrichs. Die Holzkohle hilft dabei, Wasser, das in der Regenzeit fällt, zu binden. Außerdem ist die Holzkohle ein guter Dünger. So wird der Wüstenbildung entgegengewirkt. Und dort, wo die Büsche verschwinden, ist auch Platz für neue Bäume, die der Verein pflanzt. „In die Pflanzlöcher kommt ebenfalls eine Schicht Holzkohle, das hilft den Setzlingen“, erklärt Henrichs. Und da ist auch schon der nächste Ansatzpunkt. „Einheimische Setzlinge kosten uns 30 bis 50 Dollar. Wir wollen deswegen selbst züchten, dann kommen wir auf zwei bis drei Dollar.“ Dafür könnten sie sich Hallen in der Nähe des zentral gelegenen Flughafens Windhoek vorstellen, „das würde auch den Transport deutlich vereinfachen und CO2 einsparen“. Als weiteres Standbein für den Verein soll ein schonender Öko-Tourismus mit einem Bildungs- und Besucherzentrum in den Giraffen-Gebieten hinzukommen. Auch, um Unterstützern des Vereins die Möglichkeit zu bieten, sich jederzeit davon zu überzeugen, wohin ihr Geld fließt und was damit umgesetzt wird.
Neue Arbeitsplätze entstehen
Davon soll immer auch die Bevölkerung profitieren. Ob Giraffenschutz, Holzkohle-Herstellung, Baumpflanzungen oder irgendwann Öko-Tourismus: „Wir schaffen Arbeitsplätze.“ So soll ein Kreislauf entstehen, von dem Tierschutz, Naturschutz und die Einheimischen gleichermaßen profitieren. Sie selbst wollen mit dem Projekt kein Geld verdienen. Allerdings suchen Henrichs und Glotzbach nach Unterstützern, die mithelfen, den Verein weiter aufzubauen.
Bereit für die nächsten Projekte
Die Idee für ein Engagement reifte in Hagen Glotzbach und Maximilian Henrichs bereits vor einigen Jahren. Im Dezember 2023 wurde dann die Namibian Wildlife Foundation als Verein mit Sitz in Bad Homburg gegründet. Erste Projekte laufen bereits, und das Team ist bereit für die nächsten Schritte. Aktuell sei man dabei, sich zertifizieren zu lassen. Weitere Infos zu dem Projekt gibt’s auf namibian-wildlife-foundation.com. Wer sich engagieren möchte, findet dort alle Infos. Spenden können an das Konto IBAN DE22430609671336754900
bei der GLS Bank, BIC: GENODEM1GLS, überwiesen werden. hko